Die Chronik der Posaunisten und Tubaisten der Sächsischen Staatskapelle Dresden
in der geschichtlichen Betrachtung der Sächsischen Hofkapelle
(aus der "Dresdner Posaunistenchronik" von Werner Beyer / Hans Hombsch)
Die Sächsische Staatskapelle ist wohl das älteste Opernorchester der Welt. Die Geschichte der Staatskapelle ist lückenlos seit ihrer Gründung am 22.September 1548 dokumentiert.
Im Buch "Geschichte der Musik und des Theaters am Hofe zu Dresden" von Moritz Fürstenau, der selbst Flötist der damaligen Hofkapelle war, schreibt er über berühmte Posaunisten des 17. Jahrhunderts, also der Zeit von Michael Praetorius (1571-1621) und Heinrich Schütz (1617-1672), folgendes:
"Die gemeine Posaune war damals sehr beliebt und cultiviert und wurde sogar als Concertinstrument benutzt".
Prätorius schreibt über zwei große Virtuosen der Posaune. Einen Fileno zu München und einen Erhard aus Preußen zu Dresden. Ersterer blies in der Tiefe das große D, in der Höhe das zweigestrichene e; letzterer noch eine Quarte tiefer und eine kleine Terz höher. Beide brachten Koloraturen und Sprünge mit Sicherheit heraus.
Erstmalig als Posaunist und Trompeter erwähnt wird im Stellenplan der Kapelle von 1651 ein gewisser Daniel Philometis.
1671 wird die Stärke der Kapelle mit 41 Personen angegeben, darunter sind 2 Posaunisten.
Das Verzeichnis von 1680 erwähnt 3 Posaunisten mit einem Gehalt von je 200 Talern.
In einem anderen Stellenplan von 1684 und 1691 sind erstmalig 2 Trompeter und 3 Posaunisten namentlich angeführt:
Trompeten:
Joh. Kreische 200 Taler
Friedr. Sulze 100 Taler
Posaunen:
A. Winkler 200 Taler G. Taschenberg 200 Taler
F. Westhof 200 Taler
Andreas Winkler und Friedrich von Westhof sind zu dieser Zeit bereits 40 Jahre Mitglieder der Kapelle. Westhofs Geburtsjahr ist mit 1611 in Lübeck angegeben. So war er also noch mit 80 Jahren Mitglied der Kapelle. In den Stellenverzeichnissen des 18. Jahrhunderts sind keine Posaunen mehr angegeben.
Wenn Posaunen gebraucht wurden, haben das Streicherkollegen als Nebeninstrument gespielt. Oder es wurden, je nach Repertoire, Aushilfen geholt. Sie kamen aus Militärkapellen und aus den Musikschulen, damals Stadtpfeifen genannt. Die gab es in Dresden und auch in der nahen Umgebung wie in Radebeul, Nossen, Bad Schandau oder Wilsdruff. In den Stadtpfeifen unterrichteten wiederum Musiker aus der Kapelle, die sich so ihren Nachwuchs heranzogen. Dort gab es so genannte "Supernumeraspieler", die ähnlich eines Praktikanten, die Möglichkeit erhielten, bei Bedarf unentgeltlich mit zu spielen und sich dadurch gute Chancen erwarben, bei einer Vakanz fest engagiert zu werden. Im 18. Jahrhundert war also kein fester Posaunensatz in der Kapelle zu finden. Doch Komponisten wie Haydn, Mozart und Beethoven setzten die Posaune wieder häufiger ein.
Im Spielplan der Kapelle findet man Mozarts "Requiem" (1800) Haydns "Die Jahreszeiten" (1802) und "Die Schöpfung" (1814) sowie Webers "Freischütz" (1823), Beethovens "Missa solemnis" (1839). Beethoven als der Komponist der "Wiener Klassik" war gleichzeitig Wegbereiter für die Romantik. Er nannte die Dresdner Hofkapelle das beste Orchester Europas. Mit der Entwicklung der romantischen Orchester, also der Zeit Carl Maria von Weber, gibt es wieder einen festen 3-stimmigen Posaunensatz.
Zur Zeit Richard Wagners blies der 1.Posaunist ausschließlich die Altposaune. In seinem Reformentwurf: "Die königliche Kapelle betreffend" von 01.03. 1846 beantragt Richard Wagner die Anschaffung einer Tenorposaune für den 1. Posaunisten mit der Begründung: "…die Alt-Posaune ihrem Umfange nach nicht zureicht, und der Alt-Posaunist daher genöthigt ist, oft ganze Stellen auszulassen oder sie um eine Oktave höher zu spielen. Dem Alt-Posaunisten muß daher außer seinem gewöhnlichen Instrumente noch eine Tenorposaune zugestellt werden".
Damit fand der noch heute übliche 3- stimmige Posaunensatz mit seinen beiden Tenorposaunen und der Baßposaune seinen festen Platz in allen Orchestern. Laut einer Gehaltsliste von 1846 hatte sich mit 200 Talern Jahresgehalt für Alt- und Tenorposaune im Vergleich zu 1680 kaum etwas verändert. Nur die Baßposaune bekam 300 Taler im Jahr, weil sie in manchen Stücken allein besetzt war. Richard Wagner selbst forderte in seiner oben erwähnten Schrift: "300 Taler für alle Posaunisten und eine kleine Zulage für die Baßposaune, da er gewissermaßen den Kern und die Grundlage des Posaunen-Corps bildet und er daher einen größeren Aufwand an Kraft aufwenden muß".
1835 erfanden der Berliner Posaunist Gardemusikdirektor Wieprecht und Johann Moritz die uns in der heutigen Form bekannte Tuba und ließen sich diese Erfindung auch patentieren. Dieses Instrument aus Messing war in F gestimmt und mit 5 Pumpventilen ("Berliner Pumpen") ausgestattet. Sie sollte ihrer Bestimmung nach hauptsächlich im Blasorchester Verbreitung finden. 26 Jahre nach dieser Erfindung findet man schon in der Sächsischen Hofkapelle eine feste "Planstelle".
Es war August Bruns, der von 1861 als ursprünglich virtuoser Posaunist und Tenorhornbläser aus Hamburg kommend, diese Stelle bis 1892 innehatte. Nach dieser Erfindung versuchten Instrumentenbauer ein Instrument zu fertigen, welches noch mehr Volumen in der Tiefe bot als die Tuba.
1845 baute V.F. Czerveny in Königsgrätz die ersten Kontrabasstubas.
Richard Wagner (1813-1883) war der erste, der die Kontrabasstuba in seinem "Ring des Nibelungen" ins Opernorchester einführte. Anton Bruckner (1824-1896) schrieb sie in seiner 7., 8. und 9. Symphonie vor und Richard Strauss (1864-1949) in seiner "Elektra".
Noch ein interessanter historischer Bezug: R. Strauss war es auch, der die Tenortuba (Bariton) in seinen sinfonischen Dichtungen wie "Don Quichote" oder "Heldenleben" vorschrieb und dieser Part wird heute noch in der Staatskapelle auf einem Czerveny - Bariton gerader Bauweise von einem Posaunisten gespielt.